Der Sommer 2010 war ein besonders guter für die BROILERS. Sie spielten auf sämtlichen kleinen und großen Festivals, darunter Rock am Ring, Wacken, With Full Force, Highfield und Vainstream. Dann kam die ‚Meine Sache’-Deutschland-Tour Ende Oktober: neun Städte, neun Shows - und das mit einem 2007 erschienenen Album im Rücken. »Eigentlich eine Unverschämtheit, mit so einer alten Platte noch mal auf Tour zu gehen«, räumt Frontmann und Gitarrist Sammy Amara ein, »Wir wollten mit der Tour eine Art Abschluss markieren, bevor wir uns für längere Zeit verabschiedeten, um am neuen Album zu arbeiten.« Die Leute kamen trotzdem: Frankfurt ausverkauft, der Alte Schlachthof in Dresden ebenfalls, und in Berlin musste man vom SO36 ins größere Huxley ́s umziehen.Das Abschlusskonzert in Oberhausen geriet zur rauschenden Party mit 3.500 Fans.
2011 kommt nun mit ‚Santa Muerte’ die neue Platte. Sie ist gespeist aus den Erfahrungen von mehr als einem halben Leben, das die Musiker der Broilers bereits in ihrer Band verbracht haben und einer Vielzahl von Einflüssen, die Sound und Texte der Band zu einem hierzulande ungewöhnlichen Ereignis machen. »Unsere Wurzeln liegen im Punkrock, gleichzeitig sind wir stark von Soul und Reggae beeinflusst«, so Amara. »In den letzten Jahren habe ich auch viel von den klassischen Singer/Songwritern und großen Storytellern der englischen und amerikanischen Musikszene gelernt.Auf ‚Santa Muerte’ haben wir versucht, all das zu verarbeiten und damit unsere eigenen Geschichten zu erzählen.« Die Kraft der Broilers kommt von ihren energetischen Songs, die immer wieder das Zeug zur Hymne haben, aber anbiedernde Plattheit vermeiden. »Ich liebe Lieder, in deren Texte man eintauchen kann und die eine große Bandbreite von Stimmungen erzeugen können. Natürlich verlangen manche Themen eine gewisse Geradlinigkeit, aber ich finde es ebenso wichtig, dem Hörer die Möglichkeit zu geben, meine Texte für sich selber zu deuten und zu interpretieren«, so der Sänger über seine Lyrics. Wer auf einem der Konzerte der letzten Jahre erleben konnte, mit welcher Inbrunst die Fans die Zeilen seiner Lieder mitsingen, weiß, dass ihm das offensichtlich häufiger gelungen ist und die neuen Kompositionen werden da keine Ausnahme machen. »Wir sind keine Spaßkapelle und wir haben auch keine einfachen Lösungen parat. Auf ‚Santa Muerte’ erzählen wir von unserem Leben, den Höhe- und Tiefpunkten, von dem, was uns nervt und von dem, was uns glücklich macht. Wir versuchen, den Fans eine gute Zeit und vielleicht auch ein bisschen Kraft zu geben. Wenn wir on top noch ein paar Denkanstösse liefern können, dann haben die Songs einen guten Job getan.«
Im Winter 1992 wird ein Vorläufer der Band von den gerade zwölfjährigen Freunden Sammy Amara und Andi Brügge im Düsseldorfer Süden gegründet. Musikalisch und optisch orientiert man sich an Vorbildern wie den Sex Pistols, The Clash und den heimischen Toten Hosen. Zwei Jahre später entstehen aus dieser Urbesetzung die BROILERS, die neben den Punkrock-Roots auch Einflüsse der traditionellen, selbstredend antirassistischen Skinhead- sowie Rudeboy-Szene in ihren Sound integrieren. 1994 wurden die Haare abgeschnitten und aus zwölfjährigen Punks (»Unsere modischen Vorbilder waren Sid Vicious, Joe Strummer und Joey Ramone - in der Kinderversion.«) 14-jährige Oi!-Skins, die die BROILERS gründeten.
1997 erschien das Debütalbum, es folgten drei weitere Longplayer, zwei EPs und die Entwicklung über die Oi!-Szene hinaus. ‚Wir gehen schon mal vor’ heißt ein Song auf dem letzten Album ‚Vanitas’, eine Zeile daraus lautet: „Die Band gibt ́s länger als den Jungen selbst, und doch hat sie die Szene verkauft und verraten.“ Der Track ist auch eine Antwort auf die Stimmen, die den BROILERS bei zunehmendem Erfolg Kommerz und den Verrat an ihren alten Idealen vorwerfen. Sammy dazu: »Mein Mini-Me von vor 15 Jahren würde aktuell keine BROILERS hören. Ich würde mir die alten BROILERS anhören und über die neuen schimpfen. Der Song greift das auf. Wir sind keine Oi!-Band mehr. Wir wissen aber exakt, wo wir herkommen, und wir vergessen das nicht, und ich glaube, dass die meisten Fans das anerkennen.« Deutliche Aussagen, klare Positionen im Bezug auf das politische Selbstverständnis, das ist dem Sänger wichtig. »Wir waren traditionelle Skins, und für uns war immer klar, wo wir stehen. Aber es gab Leute, die es nicht verstanden haben. Schon vor zehn Jahren haben wir das Lied ‚An all den Schmutz’ geschrieben, das sich ausdrücklich gegen Rechts richtet. Damals haben wir gemerkt: Dieses Unpolitische funktioniert nicht. Wir müssen uns deutlicher positionieren und unmissverständlich klarmachen: Diese Leute haben bei uns nichts zu suchen. Davon abgesehen, würde ich als Fascho sowieso nicht zu einem Konzert von uns gehen und mir von einem Kanaken auf der Bühne - also von mir - etwas vorsingen und mich zwischendurch auch noch beschimpfen lassen.«, lacht Sammy, dessen Vater in den 60er Jahren aus dem Irak nach Deutschland kam. »Das Allerschlimmste ist: Du kriegst sogar von Punks nach dem dritten Bier zur aktuellen Sarrazin-Debatte zu hören: „Aber er sagt doch irgendwie die Wahrheit. Ich werde ja auch von Ausländern verprügelt.“ Das kann doch nicht wahr sein! Konservative Politik hat im Punkrock nichts zu suchen.« Dann erzählt er von einer Begegnung mit einer älteren Dame, die ihn in Sachsen während einer Bahnfahrt für sein akzentfreies Deutsch und die „gute Integrationsleistung“ lobte... Anderthalb Jahrzehnte nach der Bandgründung hat sich das Quintett auf eine raue, melodische Mischung aus Punkrock, Rockabilly, Soul und Ska eingependelt, das Line Up seit vielen Jahren unverändert. Für manche vielleicht ein kleines Phänomen, für die Band selbst jedoch eine logische Konsequenz aus kontinuierlicher Arbeit und Weiterentwicklung. »Bislang war jedes Jahr besser als das davor. Stückchen für Stückchen ist es immer weitergegangen«, sagt Sammy. »Es waren kleine Schritte. Wir haben einen langen Weg hinter uns gebracht und sind wirklich dankbar, dass wir dorthin gekommen sind, wo wir jetzt mit ‚Santa Muerte’ stehen. Und wir freuen uns, dass jetzt endlich wieder die Zeit gekommen ist, unsere Musik auf Tournee zusammen mit unserem Publikum zu teilen. Großartig das machen zu können, was wir machen.“